TAXI! TAXI!
Donnerstag, 18. Juli 2019
Äthiopien wurde von 1974 bis 1987 vom sogenannten Derg- Regime, einer kommunistischen Militärjunta, die eng mit der damaligen Sowjetunion kooperierte und auch von dort finanziell stark unterstützt wurde, regiert. Ein Relikt aus dieser Zeit sind die tausenden blau-weiß lackierten Lada- Taxis, die noch immer durch die Stadt kutschieren.
Die Autos sind alle in einem erbärmlichen Zustand und eine Fahrt mit einem dieser Dinger kann auch ganz schön abenteuerlich sein. Es gibt zwar auch moderne, private Taxiunternehmen, die mit chinesischen Autos operieren, die blau-weißen Ladas sind aber einfach omnipräsent und daher kommt man oft an ihnen nicht vorbei.
Taxameter? Fehlanzeige, den Preis muss man sich schon vorher ausmachen, sonst wird es nachher empfindlich teuer. Sicherheitsgurt? Meist Fehlanzeige...
Einmal habe ich ein Taxi erwischt, dessen Windschutzscheibe nicht mehr die eines Ladas, sondern eines Toyotas war, die paar Zentimeter, die da gefehlt haben, waren großzügig mit einem Gemisch aus Sägespänen und Silikon verfugt.
Kürzlich bin ich mit einem Taxi gefahren, dessen Lenkrad ein Spiel von fast einer halben Umdrehung gehabt hat, der Fahrer hat Spitzensport betrieben, um auf einer Geraden nicht vom Weg abzukommen, noch dazu in einem Verkehrschaos, das scheinbar sogar für afrikanische Verhältnisse extrem ist.
Ein fast gängiges Ritual der Taxler hier ist, dass sie erst nochmals aussteigen müssen, um den Stein wegzunehmen, den sie unters Rad geschoben haben, damit das Auto auf den teilweise recht abschüssigen Straßen während der Wartezeit nicht davon rollt. Einmal ist mir aufgefallen, dass ein Taxler sein Lenkrad mit beiden Händen auf der linken Lenkradseite gehalten hat, so bei 8 und 10 Uhr. Erst bei genauerem Hinsehen habe ich bemerkt, dass das Lenkgestänge nicht gerade, sondern ganz schräg aus der Karosserie herauskommt und eigentlich schon fast in die Mitte des Autos steht. Ob die Bremsen der Autos halbwegs funktionieren, ist leicht am Fahrstil abzulesen. Wenn ein Taxler funktionierende Bremsen hat, beträgt der Abstand zum vorigen Fahrzeug oft nur wenige Zentimeter, sind sie hingegen kaputt, hält er einen Sicherheitsabstand fast so, wie wir es aus Europa gewöhnt sind.
Das schlimmste sind aber die Abgase, nicht nur der Ladas. Was da oft aus dem Auspuff kommt ist unbeschreiblich. Wenn ein extrem rauchendes Auto an mir vorbeifährt, halte ich gewöhnlich eine Zeit lang einfach die Luft an. Einmal ist es mir passiert, dass mir bei angehaltenem Atem die Augen wegen der vielen Russpartikel zu tränen begonnen haben. Eine wie bei uns übliche Wartung der Autos scheint es hier nicht zu geben, es wird einfach nur der Teil notdürftig zusammen geflickt, der gerade so kaputt ist, dass man nicht mehr weiter fahren kann. Und so ist die Luftverschmutzung hier enorm und ein echtes Problem.
Dabei kommt aber wiederum die Verlogenheit europäischer Politik zum Vorschein: Ein Großteil der privaten Autos, die hier herumfahren, sind alte, ausrangierte Gebrauchtwagen aus Europa. Wir Europäer verschärfen (zum Glück!) laufend unsere Abgasnormen, gehen sogar soweit, dass wir in Städten teilweise Fahrverbote für abgasintensive Autos erlassen. Und wir lösen das Problem ganz einfach, indem wir die stinkenden alten Karren dann in den ehemaligen Osten oder noch besser nach Afrika verscherbeln. Sollen die sich doch um unseren Dreck kümmern!